Angsthasenboulevard

Nicht überall, wo Wissen drauf steht, steckt auch Erkenntnis drinSeite aus dem SZ-Wissen 06/2008. Den Beweis liefert jetzt jüngst das Wissenschaftsmagazin der Süddeutschen Zeitung. „Risiko-Atlas Deutschland: Wo es sich gefährlich lebt“ stand auf dem Titel. Dahinter verbirgt sich aber nur eine Ansammlung von Infografiken und Deutschlandkarten, die Starkregen, Blitzschlag und Tornados ebenso abhandeln wie Körperverletzung, HIV, allgemeine Lebenserwartung, akute Atemwegserkrankungen und Depression. Aber der ganze Atlas ist leider weniger als das Summe der Teilkarten. Jede Grafik für sich ist ganz nett und informativ, aber zusammen ergeben Sie einfach keinen Sinn. Denn die Risiken verteilen sich einfach sehr gut. So gibt es die meisten Herzkranken in Ostdeutschland, Fußgänger erleiden dafür in Oberbayern sehr often Verkehrsunfälle und der Südwesten ist die Erdbebenhochburg und hat neben Zecken auch jede Menge Blei im Boden. Sorry liebe Infografiker von Golden Section Graphics, die Arbeit hat sich leider nicht gelohnt.

Wirklich unsäglich wird das Heft dann aber im Anschluss in der Geschichte über Pilze und Bakterien. Die Geschichte ist das Papier nicht wert, auf dem sie gedruckt ist, denn es ist keine Geschichte, wie die Autorin wohl weiß, denn Sie gesteht, dass es auf die entscheidenden Frage (Ab wann wird das Bad im See zum Gesundheitsrisiko) keine Antwort gibt. Das verrät Sie aber erst auf Seite 3 der Geschichte, weil sie sich vorher in Andeutungen und medizinischen Fremdworten ergehen muss, um unterschwellig die Ekelgefühle der Leser zu wecken. Schlimmer geht’s nimmer. Zur Schürung der Volksängste gibt es doch die Bildzeitung, die das doch ganz gut macht. Auf einer Infographik zum Thema Angst-Journalismus würde ich jetzt aber einen dicken roten Punkt in Münchenmachen.