Unterschätzte Risiken: Medien

pseudoscienceblogs.de

Bloggen kann man einfach so. Auf einem eigenen (Miet-)Server zum Beispiel, oder bei einem Dienst wie wordpress.com oder Blogger.com. Das gehört so, denn das Internet ermöglicht die mittlerfreie Kommunikation. Vielleicht erzwingt es sie sogar. Jedenfalls kann ziemlicher Mist rauskommen, wenn jemand versucht, die klassische Rolle des Mediums im Netz zu übernehmen und mit den hier üblichen Kommunikationsformen zu verbinden. Das demonstriert gerade die Randgruppenblogplattform scienceblogs.de.

Oberflächlich betrachtet ist daran nichts auszusetzen, ja man könnte den Ansatz sogar für einen guten halten: handverlesene Wissenschaftler und Wissenschaftsjournalisten bloggen gemeinsam unter einem Dach. Die Inhalte bleiben den Bloggern überlassen, zur Qualitätssicherung dient einzig die Auswahl der Blogger durch eine Art Redaktion. Ansonsten beschränkt sich der Betreiber darauf, die Site am Laufen zu halten, also auf das, was auch bei wordpress.com und Blogger.com das Kerngeschäft ist.

pseudoscienceblogs.de -- Kommentare

Dass das doch nicht funktioniert, ist einigermaßen überraschend und zeigt sich erst, wenn man das Gesamtkunstwerk betrachtet. Es zeigt sich nämlich, dass die handverlesenen Qualitätsblogger alle zusammen ganz schnell Esoterik und Pseudowissenschaft zum Lieblingsthema machen, jene Themen also, die in der Wissenschaft gerade keine Rolle spielen, weil sie sich bei näherer Betrachtung schnell als unergiebig erweisen. In den ScienceBlogs aber geht es vorwiegend genau darum, oder zumindest ist das der Teil, der vorwiegend gelesen wird. Die Screenshots zeigen die Top 5 der meistgelesenen sowie der meistkommentierten Artikel auf scienceblogs.de. Wenn sie das Themenspektrum wiedergeben, dann gute Nacht:

Perpetuum Mobile, Lichtkörperstufen, Dimensionstherapeuten, Prophezeiung 2009, Wahrsagen, Virus-Wahn, UFOs, Science Fiction und eine Portion Politik – alles mögliche ist dort wichtig, wenn es nur nichts mit Wissenschaft zu tun hat. Es gäbe so viel Interessantes aus der Wissenschaft, doch man reitet die Eso-Schiene. Schade. In der freien Blogosphäre würde so etwas einfach in seiner Nische bleiben. Das tut es so auch, denn Blogs bleiben Blogs, auch wenn sich jemand in medialer Kanalisierung versucht. Nur kommt auf diese Weise ein Anspruch hinzu, dem die Auswahl offensichtlich nicht gerecht wird. Wer mehr über Esoterik und Pseudowissenschaft wissen möchte, liest scienceblogs.de. Ist das das Konzept? Wenn nicht, warum ist es dann das Ergebnis?

2 Kommentare zu „Unterschätzte Risiken: Medien

  1. Wie du siehst, kommen die Anti-Eso-Themen gut an. Es ist ja auch gerade ein Problem, dass die Wissenschaft sich da oft nicht drum kümmert. Das wird dann nämlich bei manchen so verstanden, als gäbe es keine Argumente — was natürlich vollkommen Quatsch ist.
    Im Übrigen bloggen die Scienceblogger über weit mehr — wenn du einfach nur die beliebtesten Themen rausgreifst, dann ist das keine objektive Auswahl im Bezug auf die /gebloggten/, sondern nur im Bezug auf die /bevorzugt gelesenen/ Themen.

    1. Ich gebe gerne zu, dass meiner Betrachtung ein subjektiver Eindruck aus einer Momentaufnahme zugrunde liegt. Dieser aber war stark und überraschend. In meinem Alltag spielen Astrologie und Wahrsagerei und all die anderen Klassiker der Scharlatanerie nämlich keine Rolle. Meine Zeitungen sind frei von Horoskopen, mein soziales Umfeld macht keine Anstalten, sich der Homöopathie oder überhaupt irgend etwas anderem als echter Medizin anzuvertrauen, und so weiter. Und dann werde ich ausgerechnet auf den ScienceBlogs mit einer großen Dosis davon konfrontiert, wenngleich von Leuten, die mir darüber nur sagen, was ich sowieso schon weiß. Und was auch jeder andere wissen kann, wenn er es denn möchte. Schließlich steht es in jeder besseren Zeitung. Das ist nicht zuletzt effektiver Aufklärung durch Organisationen wie die GWUP zu verdanken — nicht jedoch der eitlen Selbstvergewisserung von Bloggern, die in erster Linie ihresgleichen zeigen, dass sie alles richtig machen.

Die Kommentarfunktion ist geschlossen.