Grundsatzfrage

Das wichtige Stichwort im Urheberaufruf lautet arbeitsteilige Gesellschaft, und es wird uns im Umgang mit der Piratenszene noch öfter beschäftigen. Arbeitsteilung ist eine alte und grandiose Idee, ein Pfeiler unserer Zivilisation. Arbeitsteilung und lässt uns durch Spezialisierung effizienter produzieren und gibt uns die Freiheit, Dinge zu tun, die für unser Überleben nicht erforderlich sind. Ohne Arbeitsteilung müssten wir Zeit auf Gemüsebeete und Hühnerstelle verwenden, die wir lieber im Internet verbringen. Arbeitsteilung liefert uns Pizza an die Wohnungstür – und dem Pizzaboten Internet aufs Smartphone.

Arbeitsteilung erfordert gesellschaftliche Mechanismen und Systeme, die sie ermöglichen und erleichtern. Märkte und Geld gehören zu diesen Mechanismen, differenzierte Bildungsoptionen, oder auch die repräsentative Berufspolitik.

Systemisch ist Arbeitsteilung eine gute Sache; dem Einzelnen kann sie jedoch gefühlte Nachteile bereiten: Abhängigkeiten zum Beispiel (Wo kommt mein Bier her, wenn die Tankstelle zu hat?) oder den Druck, sich für ein primäres Tätigkeitsprofil zu entscheiden und über Jahre zu dieser Entscheidung zu stehen. Arbeitsteilung bringt zudem einen gefühlten Kontrollverlust über Entwicklungen außerhalb der eigenen Spzialisierung(en) mit sich.

In der Piratenszene suchen auch Angehörige von Subkulturen ihr Glück, die der Arbeitsteilung wenig abgewinnen können. Unter der Flagge eines ätherischen Freiheitsideals kämpfen sie gegen Mechanismen der Arbeitsteilung, ohne die Nebenwirkungen zu bedenken. Die einen wollen das Urheben crowdsourcen, andere wünschen sich ein Flatrate-Einkommen ohne Tauschgrundlage, und viele träumen von mehr Bürgerbeteiligung in der Politik. Sie sind auf dem Holzweg. Systeme und Verfahren, die den Grad der Arbeitsteilung reduzieren, bedeuten einen Rückschritt. Die damit scheinbar gewonnene Freiheit hat den Preis, dass sich der Einzelne um viel mehr Angelegenheiten selber kümmern muss.

Die Grünen mussten damals in den 80ern eine Auseinandersetzung zwischen Fundis (Fundamentalisten) und Realos (Realpolitikern) austragen. Die Realos haben sich durchgesetzt, die Grünen sind heute eine normale und wählbare Partei. Die Piraten steht eine ähnliche Entscheidung bevor.