Von der Datentransaktion zur Datenemission

Datenschutz ist regelmäßig ein Thema in diesem Blog, denn seine Schutzziele und Mechanismen überschneiden sich mit denen der IT-Sicherheit oder stehen mit ihnen in Wechselwirkung. Datenschutz ist auch regelmäßig der Gegenstand öffentlicher Debatten. Das ist einerseits verständlich, denn wir sind heute überall von vernetzter IT umgeben. Andererseits verlaufen solche Debatten oft bizarr, weil der Datenschutz politisch instrumentalisiert und mit sachfremden Aspekten vermischt wird. Dabei ist die Frage für sich und ohne Ballast schon schwer genug: Was soll, was kann, was bedeutet Datenschutz heute und in Zukunft?

Mit einem Aspekt dieser Frage habe ich mich zusammen mit Jürgen Geuter und Andreas Poller in einem Beitrag zur Konferenz Die Zukunft der informationellen Selbstbestimmung des Forums Privatheit Ende 2015 beschäftigt, der jetzt endlich im Konferenzband erschienen ist. Wir beschäftigen uns darin mit der Frage, wie sich die Paradigmen der Informationstechnologie seit der Entstehungszeit des deutschen Datenschutzrechts verändert haben und unter welchen Bedingungen Persönlichkeitsrechte im Zusammenhang mit der Datenverarbeitung heute geschützt werden sollen.

Der Datenschutz hat seine Wurzeln in den 1970er und 1980er Jahren. Das vorherrschende Verarbeitungsparadigma der EDV, wie man die IT damals nannte, war das der Datenbank. Darauf sind die Regeln des BDSG erkennbar zugeschnitten; sie geben der Datenerfassung und -verarbeitung ein Gerüst aus expliziten Transaktionen zwischen Betroffenen und verarbeitenden Stellen, mit denen die Betroffenen ihr Recht auf informationelle Selbstbestimmung wahrnehmen.

Heute prägen andere Paradigmen die Informationstechnik: die allgegenwärtige Vernetzung, die eine detaillierte Kontrolle durch explizite Transaktionen unpraktikabel macht, und das maschinelle Lernen, welches das Verständnis der Verarbeitungsvorgänge und die Einflussnahme darauf erschwert. Die Vorstellung einer expliziten Datenerhebung nebst informierter Einwilligung passt deshalb nicht mehr zur Technik und ihren vielfältigen Anwendungen.

Wir haben die neuen Bedingungen in eine Emissionsmetapher gepackt: Jeder von uns sendet fortlaufend Daten aus, die sich im Netz verbreiten und dort von verschiedenen Akteuren aufgefangen und verarbeitet werden, vergleichbar der Art und Weise, wie sich Licht von einer Lichtquelle im Raum ausbreitet. Das schließt Eingriffe nicht aus, aber sie müssen auf diese Verhältnisse zugeschnitten sein. Eine umfassende Lösung dafür können wir nicht präsentieren, aber wir diskutieren einige Ansätze.

Der ganze Beitrag:

Sven Türpe; Jürgen Geuter; Andreas Poller: Emission statt Transaktion: Weshalb das klassische Datenschutzparadigma nicht mehr funktioniert. In: Friedewald, M.; Roßnagel, A.; Lamla, J. (Hrsg.) (2017): Informationelle Selbstbestimmung im digitalen Wandel. Wiesbaden: Springer Vieweg DOI: 10.1007/978-3-658-17662-4_14, © Springer.