Wenn’s am Ausgang piept

Samstags beim Shopping. Die überlastete Fachkraft an der Kasse hat eine Diebstahlsicherung übersehen. Als Sie das Geschäft verlassen, geht der Alarm los. Was nun? Sich vor aller Augen dem Türsteher unterwerfen? Das kommt überhaupt nicht in Frage! So werden Sie lästige Kontrolleure los, ohne sich in die Einkaufstüten schauen zu lassen:

  1. Fühlen Sie sich zu nichts verpflichtet. Wenn es am Ausgang piept, dann bedeutet das nur eines: dass es am Ausgang piept. Es bedeutet nicht, dass Sie einen Schreck kriegen, stehenbleiben oder Ihre Unschuld beweisen müssen.
  2. Seien Sie selbstbewusst. Sie haben gerade ein Geschäft mit dem Ladeninhaber erfolgreich zum Abschluss gebracht, das im beiderseitigen Interesse liegt. So möchten Sie auch behandelt werden, als Geschäftspartner.
  3. Kommunizieren Sie. Dem Türsteher bleibt nichts anderes übrig, als Ihnen auf die Straße zu folgen und Sie anzusprechen. Selbstverständlich hören Sie sich erst einmal ruhig an, was der Mann zu sagen hat. Er wird Sie auffordern, mit ihm zurück in den Laden zu gehen, um die Sache dort zu klären. Darauf antworten Sie ebenso ruhig, wie Sie zugehört haben, mit einem einfachen: „Nein.” Dann schauen Sie ihn fragend an.
  4. Suchen Sie Blickkontakt. Schauen Sie dem Tütenkontrolleur direkt in die Augen. Schließlich ist Ihr Gewissen rein und Sie sind frohen Mutes.
  5. Geizen Sie mit Worten. Sie haben ja nichts getan, aus dem sich herauszulabern Sie nun versuchen müssten. Es ist auch nicht Ihre Aufgabe, das Gespräch zu führen. Jemand will etwas von Ihnen und nicht umgekehrt. Dass Sie die ganze Situation mit Ihrem Verhalten und Nichtverhalten steuern, müssen und sollen Sie vor Ort nicht diskutieren. Sie leihen Ihrem Gegenüber ein Ohr und warten auf vernünftige Vorschläge. Mehr kann man wirklich nicht von Ihnen erwarten.
  6. Bleiben Sie höflich. Sie müssen sich einem wildremden Menschen ja nicht gleich mit Namen vorstellen. Verzichten Sie jedoch auf Beschimpfungen, Drohungen, Einschüchterungsversuche und ähnliche Albernheiten. So etwas gehört sich einfach nicht, und sie haben es auch nicht nötig.
  7. Nehmen Sie nichts persönlich, und machen Sie Ihrem Gegenüber klar, dass Sie dasselbe von ihm erwarten.
  8. Machen Sie Komplimente. Loben Sie zum Beispiel die Aufmerksamkeit des Kontrolleurs. Erinnern Sie ihn gleich darauf jedoch daran, dass er einen unbescholtenen Bürger vor sich hat.
  9. Thematisieren Sie frühzeitig die Gewaltfrage. Sobald das Gespräch auf Rechte und Pflichten kommt, erklären Sie Ihrem Gegenüber, dass er Sie auch vermöbeln könne, dass Sie dies jedoch nicht für eine gute Idee hielten und ihm davon abrieten. Sagen Sie das exakt so nüchtern, wie es hier steht.
  10. Philosophieren Sie, ohne abzuheben. Versucht der Tütenkontrolleur zum Beispiel, Sie davon zu überzeugen, dass er verpflichtet sei, Alarmen nachzugehen und dass er selber überwacht werde, so werfen Sie die Frage auf, ob man wohl in der Matrix lebe, wenn man sich so von Maschinen herumkommandieren lasse.
  11. Kooperieren Sie, wenn Sie Ihre Position dazu nicht aufgeben müssen. Sie wollen sich nicht in Ihre Tüten und Taschen schauen lassen, das ist Ihr Anliegen. Sie zeigen aber selbstverständlich gerne Ihren Kassenzettel über die eben getätigten Einkäufe vor, macht ja keine Umstände.
  12. Lassen Sie sich alles ganz genau erklären. Was denn das Problem sei, zum Beispiel, Sie hätten doch eben erfolgreich ein Geschäft abgeschlossen und seien zufrieden. Oder wozu man in ein Geschäft zurückkehren solle, das man soeben verlassen habe. Und was eigentlich so schlimm daran sei, wenn es am Ausgang mal piept.
  13. Machen Sie konstruktive Vorschläge. Sie könnten zum Beispiel anbieten, an Ort und Stelle auf den Geschäftsführer zu warten, um mit ihm über einen Preisnachlass als Gegenleistung für Ihre Rückkehr in das Geschäft zu verhandeln. Setzen Sie dafür ein Zeitlimit.
  14. Brechen Sie ergebnislose Verhandlungen ab. Wenn Sie nicht verstehen, was man eigentlich von Ihnen will, und Ihr Gegenüber sich nicht von sich aus zurückzieht, verabschieden Sie sich und gehen Sie Ihrer Wege. Sie haben schließlich nicht den ganzen Tag Zeit und noch einiges zu erledigen.
  15. Keine Angst vor der Polizei. Sie haben ja nichts ausgefressen. Außerdem ist der Anruf mit dem Händi wahrscheinlich nur ein Bluff. Wenn es ein schlechter Bluff ist, merken Sie das unter anderem an den fehlenden Details, nach denen eine Notrufzentrale unweigerlich gefragt hätte: was denn los sei und wo. (Falls Sie doch was ausgefressen hätten, könnten Sie beim Anrücken der Beamten immer noch flitzen.)
  16. Erinnern Sie den Tütenkontrolleur an seine Dienstpflichten. Möglicherweise wird er Sie ein Stück begleiten, während er einen Anruf bei der Polizei simuliert. Fragen Sie ihn , wer denn jetzt den Laden vor Dieben schütze, während er hier unbescholtenen Bürgern nachlaufe.
  17. Vergrößern Sie kontinuierlich Ihren Abstand zum Ausgangspunkt des Geschehens. Irgendwann wird sich der Wächter zwischen Ihnen und seiner Arbeit entscheiden müssen. Meiden Sie dabei aber einsame Gassen.
  18. Halten Sie sich an die Verkehrsregeln. Bleiben Sie zum Beispiel an roten Ampeln stehen. Sie sind ja nicht auf der Flucht.

Langsam sollte ich mal durchrechnen, ob sich eine kriminelle Karriere nicht doch lohnt. Aber das ist alles so erschreckend einfach, da würden mir wohl die Herausforderungen im Beruf fehlen. Obwohl, da wäre doch eine: Hat  jemand eine Idee, wie man vor solchen Aktionen ein Safeword vereinbaren kann, ohne das Spiel zu verderben?

Disclaimer: Erich sieht übernimmt keine Haftung für Schäden, die durch Nachahmung entstehen. Erich sieht rät vielmehr ausdrücklich von der Nachahmung ab.

9 Kommentare zu „Wenn’s am Ausgang piept

      1. Außerdem ist die Überwachungskameradichte doch mittlerweile so hoch, dass das mit der versteckten Kamera gar nicht wirklich flasch ist 😉

        1. … Überwachungskameradichte …

          Das war übrigens das Hauptargument meines verhinderten Tütenkontrolleurs: er werde per Kamera überwacht und müsse deshalb sorgfältig seine Pflicht erfüllen.

  1. Öhm…. andererseits: das riesige Plastikding am neuen Schlafanzug, das man dann zu Hause entdeckt, möchte man doch eigentlich loswerden, oder?
    Was hab ich davon, das mit nach Hause zu nehmen (mal davon abgesehen, dass der Kaufhausdetektiv die anderen kompromittierenden Dinge in meiner Tasche – Tampons, Schokolade, Kuscheltierwärmflasche – nicht zu Gesicht bekommt)?

    1. Tja, was hat man davon? Im vorliegenden Fall erstens Spaß, zweitens die Beobachtung, dass es in anderen Läden dann auch piept und drittens die Erkenntnis, dass das bei Karstadt überhaupt niemanden interessiert. 🙂

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