Misstrauen in Wahlcomputer breitet sich aus

Hessen hat gewählt, der Chaos Computer Club beobachtete, Berichte gibt es bei Holger Klein, im Heise-Ticker – man schaue jeweils auch in die Kommentare und Trackbacks – sowie bei den Beobachtern selbst. Zeit für die erste Interpretation.

Zur Erinnerung: Der wichtigste und am schwersten auszuräumende Einwand gegen Wahlcomputer ist der Einwand der Intransparenz. Auch das herkömmliche Verfahren mit Papier, Stift und Urne lässt vielerlei Möglichkeiten zur Manipulation. Es ist aber für die Mehrzahl der Wähler durchschaubar und lässt sich ohne besonde Kenntnisse und Fähigkeiten prüfen, durch bloße Beobachtung. Das herkömmliche Verfahren ist also unsicher, aber das macht nichts. Wir müssen dem Verfahren und den beteiligten Personen nicht vertrauen, denn wir können prüfen. Wahlcomputer ändern das. Sie verlagern wesentliche Vorgänge in eine Black Box, der wir vertrauen sollen, ob sie nun sicher ist oder nicht. Außerdem wissen wir aus Erfahrung, dass es ziemlich schwer ist, Computer wirklich sicher zu machen.

HeuteGestern nun zeigte sich, dass es den Verantwortlichen und ihren Wahlhelfern teils selber schwerfällt, der Technik jenes Vertrauen entgegenzubringen, das sie uns Bürgern abverlangen. Einige hatten nämlich Angst vorm CCC. Nun liegt das vielleicht vor allem am Image des Clubs, das er in der Öffentlichkeit nun mal hat. Mich haben auch schon Auftraggeber einer Sicherheitsuntersuchung gefragt, ob sie danach noch Angst haben müssten vor den Hackern vom Chaos Computer Club. Aber hier bei der Computerwahl bedeutet die diffuse Angst vor den Beobachtern mehr: man traut den Machinenkästen selbst nicht über den Weg.

Fragt sich nur, warum? Denial of Service ist langweilig und hätte auch nichts demonstriert; stören kann man, als Fausregel, so ziemlich alles auf dieser Welt mit Hausmitteln, und die Robustheit stand auch nie im Mittelpunkt der Diskussion, ja nicht einmal am Rande. Im Mittelpunkt standen die Manipulationsmöglichkeiten und wie die Beobachtungen zeigen, schlottern einigen wohl doch die Knie. Könnte es nicht doch sein, dass diese Hacker vom CCC am Wahlergebnis fummeln, wenn man sie zu nah an die Maschinen lässt?

Ja, meine Damen und Herren Computerwahlbefürworter, das könnte sein und Sie haben keine Möglichkeit, sich vom Gegenteil zu überzeugen. Das ist gerade das Kernproblem der Maschinenwahl, dass niemand weiß, ob es nicht doch eine Möglichkeit gibt und wer sie unter welchen Randbedingungen ausnutzen könnte. Günstigere Situationen für einen Angriff als die des Beobachters im Wahllokal gäbe es allemal, auch das hat diese Wahl gezeigt. Wenn Unbeteiligte oder gar Parteifunktionäre über ausgedehnte Zeiträume mit den Geräten allein sein können, dann braucht man sich um Vorgänge vor den Augen des Wahlvorstandes kaum Sorgen zu machen, dann finden die Manipulationen woanders statt.

Nachtrag: Fefe präsentiert die Abschrift eines Schreibens an die Langener Wahlvorstände, das vor »geplanten Störungen und Angriffe[n] des CCC« warnt. Das Beweisfoto dazu gibt es auf netzpolitk.org.