Jetzt bleiben wir wieder eine Weile zu Hause, ob bis zum Advent oder bis Ostern, ist noch nicht raus. Viel Zeit zum Lesen:
- Für die Corona-Warn-App gibt es jetzt richtig was zu tun. Viele Menschen sehen erstmals Warnungen vor Risikobegegnungen – und sind verwirrt. Wie die App funktioniert und welche Vor- und Nachteile sie hat, fasst eine Infografik von Ania Groß zusammen.
- Seit dem 15. Oktober hat jeder Anspruch auf einen kostenlosen Corona-Test, der von der App nach einer Begegnung mit hohem Ansteckungsrisiko gewarnt wurde.
- Die europaweite Vernetzung der nationalen Corona-Apps hat begonnen. Das Gateway dafür ist in Betrieb und die ersten Länder angeschlossen, neben Irland und Italien auch Deutschland. Bis zu einer umfassenden internationalen Vernetzung ist der Weg jedoch noch weit.
- Die App als solche funktioniert im Großen und Ganzen, wenn auch mit den üblichen kleineren Macken, aber rechts und links davon hakt es.
- Gesundheitsämter und Ärzte sind überfordert, wenn man sich nach einer Warnung der App bei ihnen meldet, jedenfalls in Berlin. Das muss nicht an der App liegen, denn mit der personellen Kontaktverfolgung und anderen Aufgaben sind die Ämter angesichts schnell wachsender Infektionszahlen erst recht überfordert. Allerdings unterstützt die App die Arbeit der Gesundheitsämter nicht und hat auch keine Schnittstelle zu ihnen.
- Noch immer sind nicht alle Testlabore an die App angebunden, was Benachrichtigungen nach einem positiven Testergebnis erschwert und verzögert. Besonders für Kliniklabore ist die Anbindung an ihre IT-Systeme wegen höherer Sicherheitsstandards schwierig.
- Die alten Diskussionen gehen weiter: Ist die Balance zwischen (technischem) Datenschutz und Nutzen richtig austariert? Welche funktionalen Erweiterungen würden der Corona-Warn-App guttun?
- Der Nutzen von Corona-Apps steht insgesamt in Frage, nicht nur in Deutschland. Vor neuen Kontaktbeschränkungen haben sie uns schon mal nicht bewahrt und die Verlässlichkeit der Bluetooth-gestützten Kontakterkennung und Risikobewertung bleibt fraglich.
- Zur Erkennung und Verfolgung von Infektionsclustern trägt die Corona-Warn-App nichts bei. Infektionsorte bleiben unbekannt. Selbst die Stiftung Datenschutz fragt, ob das so bleiben muss.
- Welchen Beitrag leistet die Corona-Warn-App überhaupt zur Pandemiebekämpfung und wie finden wir das heraus?
- Zunehmend als Problem wird der geringe Informationsgehalt der Warnungen wahrgenommen. Bei Begegnungen mit hohem Risiko erfährt man wenigstens das Datum der Begegnung, sonst keine Details.
- In einer Umfrage von n-tv sprach sich die Hälfte der Teilnehmer dafür aus, den Datenschutz der App zu lockern, 39% waren dagegen. Geschützt fühlt sich von der App kau jemand, aber das ist auch nicht ihr Zweck. Laut einer Studie der Uni Duisburg-Essen kommt es für die Akzeptanz auf das Vertrauen in die Betreiber und wahrgenommene Nutzungsvorteile an.
- Tatsächlich in Arbeit ist neben der europäischen Vernetzung nur eine Erweiterung der Corona-Warn-App: ein Symptome-Tagebuch, das Risikobewertungen genauer machen soll.
- Für die Benachrichtigung der Teilnehmer an Clusterereignissen – etwa Restaurantbesuchern, die gleichzeitig mit einer infizierten Person dort waren – liegt jetzt ein Protokollvorschlag vor, der ähnlich strengen Missbrauchsschutz wie DP3T bieten soll und auch aus denselben Köpfen stammt: CrowdNotifier.
- Wenig begeistert zeigt man sich in Singapur vom Exposure Notification Framework, auf das sich die meisten europäischen Apps stützen. Singapur hatte seine App TraceTogether bereits im Einsatz, als die Diskussion darum bei uns erst begann. TraceTogether basiert auf dem Ansatz, Gesundheitsbehörden bei der Kontaktverfolgung mit eigens gesammelten Informationen zu unterstützen. Ungefähr ein Drittel der Bevölkerung nutzt die App.
- Möglicherweise ist die Rückwärtsverfolgung von erkannten Fällen zur Ansteckungsquelle prinzipbedingt effektiver als die Vorwärtsverfolgung von Folgeansteckungen etwa durch die Corona-Warn-App oder auch durch Gesundheitsämter. Insbesondere kann man mit der Rückwärtsverfolgung Superspreading-Ereignisse identifizieren, die eine wichtige Rolle bei der Virusausbreitung spielen.
- Für die englische App NHS COVID-19 liegt seit Anfang Oktober ein Data Protection Impact Assessment (Datenschutzfolgeabschätzung) vor.
- Willkommen im Club: Mit Coronalert hat nun auch Belgien eine eigene Corona-App, die unserer verdächtig ähnlich sieht.
- Nicht mit einer App, sondern ganz klassisch über eine Website funktioniert ab November die digitale Einreiseanmeldung für alle, die aus Risikogebieten nach Deutschland einreisen.
- Wer zusätzlich oder alternativ zur Nutzung der Corona-Warn-App ein Kontakttagebuch führen möchte, kann dies mit der App Coronika tun, bis jetzt allerdings nur auf Android-Geräten.
- Neuerdings mischt auch die Gematik mit, die nicht mehr ganz junge Projektgesellschaft für die Vernetzung und Digitalisierung des Gesundheitswesens. Ihr Deutsches Elektronisches Melde- und Informationssystem für den Infektionsschutz soll die Meldung positiver Testergebnisse durch Testlabore an die Gesundheitsämter und das RKI unterstützen. Der Projektstatus bleibt unklar.
- Besser spät als nie: Falls die nächste Pandemie nicht vor 2025 über uns hereinbricht, sollen dann auch die Gesundheitsämter digitalisiert sein. Das RKI wünscht sich darüber hinaus fürs nächste Mal eine integrierte Seuchenapp.
- Zu guter Letzt hat die Protestbewegung Ende Gelände bereits im September demonstriert, wie sich Kontaktverfolgung unter Bedrohung mit Hilfe eines Treuhänders organisieren lässt.
Die nächste Zusammenfassung gibt es, wenn das Klopapier alle ist.