Die Corona-App-Nachrichten der Woche:
- Die Entwicklung der deutschen Corona-Warn-App schreitet unaufhaltsam voran. Unter anderem haben die Entwickler vor einigen Tagen ihr Sicherheitskonzept in Stichpunkten skizziert. In den GitHub-Repositories des Projekts lässt sich der Fortschritt verfolgen. Die Meldung, bereits 65.000 Softwareentwickler hätten sich bereits die Quelltexte angesehen und Verbesserungsvorschläge gemacht, stützt sich allerdings auf eine sehr großzügige Zählung. Mit der Corona-Warn-App und ihrer Entwicklung beschäftigt sich heute die Sendung Forschung aktuell – Computer und Kommunikation des Deutschlandfunks.
- Nutzen würden die App nach einer aktuellen Telefonumfrage 42% der Deutschen, nicht nutzen mit 39% fast ebenso viele, zu einem guten Teil trotz aller Bemühungen wegen aufgrund von Datenschutzbedenken und Überwachungsangst. Die übrigen 16% besitzen kein Smartphone. Zum Vergleich: 67% würden sich und 64% ihre Kinder sicher oder wahrscheinlich gegen das Coronavirus impfen lassen und das ist wenig genug für den vorletzten Platz unter den G7-Staaten.
- Wie nützlich die Corona-Warn-App mit ihrem spezifischen Ansatz am Ende sein wird, weiß noch niemand. Mit Apps in anderen Ländern und ihren Grenzen beschäftigt sich diese Woche Die Zeit. Neben Konzept, Technik und Nutzerzahlen beeinflussen auch Faktoren außerhalb der App die Erfolgsaussichten: Möglicherweise wird ein Fünftel der Infizierten bei Tests nicht erkannt.
- Die WHO hat unterdessen ein vorläufiges Papier zu ethischen Fragen beim Einsatz digitaler Kontaktverfolgung herausgegeben. Darin betont sie unter anderem, dass die digitale Kontaktverfolgung die herkömmliche durch die Gesundheitsbehörden nicht ersetzen, sondern nur ergänzen kann, und dass sie gut in das Gesamtkonzept der Pandemiebekämpfung integriert werden muss.
- Nach ihrem aktuellen Konzept arbeitet die Corona-Warn-App weitgehend losgelöst von anderen Prozessen, lediglich die Übermittlung von Testergebnissen wird zum Schutz vor frei erfundenen Warnungen an die App angebunden. Anders als die herkömmliche Kontaktverfolgung kann die Corona-Warn-App deshalb keine Gruppeninfektionsereignisse wie vor kurzem in Göttingen identifizieren. Im Corona-Tracing-Blog des Forums Privatheit überlegen Barbara Ferrarese und Alexander Roßnagel, welche funktionalen und rechtlichen Anpassungen nötig wären, um mit automatischer Kontaktverfolgung Infektionscluster zu erkennen und zu bekämpfen. In Göttingen sehen sich derweil Betroffene zu Unrecht an den Pranger gestellt.
- Die Forderung nach einer spezifischen Rechtsgrundlage für den Einsatz der Corona-Warn-App steht weiter im Raum.
- Ein unerwartetes Problem zeigt sich in Großbritannien: Dort sieht die Polizei in der Kontaktverfolgung Risiken für ihre Beamten und ihre Arbeit. Man befürchtet Gefährdungen zum Beispiel für verdeckte Ermittler oder Zeugenschutzprogramme.
- Zu guter Letzt müssen die Kontaktdaten von Kneipen- und Restaurantbesuchern nicht mehr in Listen oder Formularen erfasst werden: Die App Recover erlaubt stattdessen das bequeme Ein- und Auschecken per Smartphone und ist zumindest in Nordrhein-Westfalen offziell erlaubt.
Bis nächste Woche.
Nachtrag:
- Die Gemeinde Scharbeutz an der schleswig-holsteinischen Ostseeküste entwickelt zurzeit eine App, die überfüllte Strände mit einem Reservierungssystem für Strandbesuche vermeiden soll.