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Unterschätzte Risiken: Turmspringen gen Osten

Im Dieburger Freibad bleibt die obere Hälfte des Sprungturms künftig gesperrt. Der Grund:

»Nach den neuen Vorgaben europaweit geltender Richtlinien muss gewährleistet sein, dass sportliche Badegäste „nicht gegen die Sonne springen“, und dabei Schwimmer im Becken etwa wegen Blendung übersehen, so Thomas. Es dürfe nur noch „nach Norden“ gesprungen werden. Der Sprungturm in Dieburg zeigt nach Osten.«

(Echo Online:
Plötzlich steht der Sprungturm im Dieburger Freibad falsch)

Den Turm erst mittags zu öffnen, wenn die Sonne nicht mehr aus dem Osten scheint, wäre wohl zu einfach gewesen. Das Vorsorgeprinzip hat uns dank der EU fest im Griff – sicher ist sicher, da gibt es keine Diskussion. Oder steckt vielleicht die Freibadsanierungslobby dahinter?

Update: Erst mittags öffnen geht doch.

Unterschätzte Risiken: Gerüchte

Snopes.com kennt Ihr sicher, das Standardwerk der Gerüchteforschung mit einem umfassenden Verzeichnis von Urban Legends und Folklore samt Wahrheitsbewertung und ggf. Richtigstellung. Für die EU hat die Europäische Kommission mit dem Aufbau eines ähnlichen Lexikons begonnen, das sich exklusiv mit EU-Folklore befasst:

»Es gibt in den nationalen Medien zwar viele klare und informative Berichte über die EU – aber leider auch eine große Zahl von Geschichten, die entweder auf Halbwahrheiten basieren oder sogar frei erfunden sind. Zweifellos sind diese Geschichten manchmal recht amüsant. Aber viele Menschen glauben das, was darin behauptet wird, und das Bild, das sie von der EU haben, ist das eines Haufens verrückter „Eurokraten“. Auf diesen Seiten wollen wir einige dieser Geschichten wiedergeben und die Fakten gerade rücken – leider können wir das nicht mit allen Falschmeldungen tun.«

(Europäische Kommission: Dichtung und Wahrheit)

Bürgerbeteiligung ist erwünscht, jeder kann eigene Beispiele einsenden.

R.I.P.: Die rechtsverbindliche digitale Signatur (Teil 3)

[Teil 1Teil 2 – Teil 3 – Teil 4]

Während man beim SmartCard-Workshop die üblichen Visionsschablonen ausmalt, holt die EU-Kommission aus, der rechtsverbindlichen digitalen Signatur einen weiteren Sargnagel einzuschlagen. Wie der Heise-Ticker meldet, möchte die EU-Kommission die Rechnungssignatur kippen.

Die Rechnungssignatur ist eine Regelung aus dem Umsatzsteuerrecht und eine der wenigen realen Anwendungen für rechtsverbindliche Signaturen. Nicht dass man sie technisch brauchte, aber sie ist vorgeschrieben: zum Vorsteuerabzug dürfen elektronische Rechnungen nur verwendet werden, wenn sie digital signiert sind. Entgegen aller großen Hoffnungen hat sich die digitale Signatur als Rechtskonstrukt bislang fast nur in solchen Zwangsanwendungen durchgesetzt. Wer die freie Wahl hat, benutzt sie normalerweise nicht, denn sie ist umständlich und schafft dem Anwender vor allem Nachteile.

Das hat nun auch die EU-Kommission erkannt und festgestellt, dass die zugrundeliegende Richtlinie – die im deutschen Recht verschärft wurde – die Verbreitung elektronischer Rechnungen behindert hat. Dass man mit formaler Sicherheitstechnik die Verbreitung von irgend etwas fördern könnte, wie es die Visionäre gerne unterstellen, ist vielleicht nichts als ein Traum.

PS.: Die Bundesregierung hat gerade die Signaturpleite der nächsten Generation beschlossen. Bürgerportal und De-Mail heißen die Stichworte und über einen späteren Anschlusszwang wird bereits spekuliert.