Scheinalternative Anwendungszoo

In Baden-Württemberg laufen einige Vereine und Verbände weiter Sturm gegen den Einsatz von Microsoft-Produkten in Schulen als handle es sich dabei um von Bill Gates persönlich verimpfte atomgetriebene Tunnelbahnhöfe der fünften Generation. Neben ätherischen Ideen wie WeltSchulfrieden, Datenschutz und digitaler Souveränität sowie abstrusen Prägungstheorien führen die Vereine als Argument auch angebliche Alternativen an (PDF):

„Mit Moodle (Lernplattform), BigBlueButton (Videokonferenzsystem), LibreOffice (Bürosoftware), Thunderbird (Mailprogramm) und Nextcloud (Dateiablage und Kooperation) stehen allen Schulen Anwendungen zur Verfügung, die den Funktionsumfang von MS 365 abdecken oder übertreffen.“

Eine Sprecherin des Kultusministeriums zitiert dagegen positive Erfahrungen und findet es „verwunderlich, dass die Verbände in ihrer gemeinsamen Stellungnahme die Bedürfnisse der Schulen und Praktiker vor Ort offenbar nicht zur Kenntnis nehmen und die Realitäten des Alltags verkennen.“ Ich teile ihre Verwunderung nicht, denn die Ansichten der Aktivisten lassen sich zwanglos mit einem engen Erfahrungshorizont erklären. Anscheinend hat keiner von ihnen in den letzten zehn Jahren eine moderne Office-Installation aus der Nähe gesehen.

Wer Microsoft Office hört, denkt zuerst an Word, Excel und PowerPoint. Kein Wunder, denn aus diesen Produkten schnürte Microsoft vor gut drei Jahrzehnten sein erstes Office-Paket. Bis heute sind sie in jeder Version enthalten, doch die Hauptrolle spielen sie nicht mehr. Microsoft Office heißt heute: Outlook und Skype for Business und OneNote und Teams sowie im Hintergrund in einer herkömmlichen On-Premise-Installation Exchange, SharePoint und Active Directory. Und das ist zusammen kein Zoo aus einzelnen Anwendungsgehegen, sondern eine integrierte Lösung, ein digitales Gondwanaland.

Eine Besprechung mit Microsoft Office geht ungefähr so: Zuerst sagst du Outlook, dass du gerne Leute einladen würdest, und suchst dir die Teilnehmer aus dem Adressbuch aus. Dein Adressbuch weiß, wo das Active Directory steht, deshalb findest du da jeden aus deiner Organisation. Outlook schaut dann selbständig in die einzelnen Kalender und schlägt dir Zeiten vor, die allen passen. Du schreibst deinen Einladungstext und klickst auf den Skype-Button, der einen Block mit den Zugangsdaten fürs Meeting in deine Nachricht einfügt. Das ist alles. Kein Wechsel zwischen Programmen, keine mentale Checkliste erforderlicher Fleißarbeiten – du schreibst einfach eine Einladung, der Rest geht mehr oder weniger von selbst. Wenn nicht gerade Pandemie ist und alle zu Hause bleiben, kannst du im Vorbeigehen auch einen freien Besprechungsraum suchen und reservieren.

Genauso unkompliziert legst du aus deinem Kalender einen Notizzettel in OneNote an, entweder für dich alleine oder auf dem Sharepoint-Server für alle. Auf diesem Notizzettel erscheinen von selbst die Metadaten zur Besprechung – Betreff, Datum, Uhrzeit, Teilnehmerliste und so etwas — und dann kannst du oder könnt ihr loslegen und zum Beispiel die Agenda entwerfen. Dir fällt dabei ein, dass du zur Vorbereitung unbedingt noch etwas erledigen musst? Kein Problem, aus OneNote heraus kannst du deine Outlook-Aufgabenliste befüllen und aus der Aufgabenliste kommst du selbstverständlich auch zurück zum Ursprung und ob du deine Aufgabe in Outlook oder in OneNote als erledigt abhakst, bleibt dir überlassen.

Kurz bevor die Besprechung losgeht, meldet sich Outlook mit einer Erinnerung. Daraufhin beginnst du nicht etwa hektisch im Kalender und deiner E-Mail nach den Einwahldaten zu suchen, sondern du klickst einfach den Beitreten-Button im Erinnerungsfensterchen an und setzt dein Headset auf, während Skype for Business die Verbindung aufbaut. Während der Besprechung kommt dann vielleicht mal PowerPoint zum Einsatz oder Excel oder was auch immer man gerade zum Arbeiten braucht. Das Protokoll schreibst du in OneNote, das dir die im Skype-Meeting erschienenen Teilnehmer in der Liste selbständig ankreuzt, damit du dich auf Wichtigeres konzentrieren kannst. Du berichtest im Meeting von einem Telefonat letzte Woche und kannst dich nicht mehr erinnern, wer dich da angeskypet hat? Guckst du Outlook, das merkt sich deine Chats und Anrufe aus Skype for Business.

Du bist oft unterwegs und willst lieber mit dem Smartphone? Dann nimmst du halt Outlook und OneNote und Skype for Business für Smartphones. So wird nicht nur die Cloud als Backend auf einen Schlag plausibel, sondern du bekommst auch noch gratis Office Lens dazu, das dir  Whiteboards und Flipcharts und Visitenkarten und Dokumente nach OneNote fotografiert und sie dabei entzerrt und zuschneidet. Und ja, wenn es sich um Drucksachen handelt, macht OneNote unaufgefordert OCR und du kannst später nach dem Inhalt suchen.

Das, und nicht Word/Excel/PowerPoint, ist ein zeitgemäßes Officepaket: eine integrierte Lösung für die Organisation, Kommunikation und Zusammenarbeit im Arbeitsalltag. Wer ganz oder teilweise im Manager Schedule arbeitet, viele verschiedene Vorgänge im Blick behalten muss oder aufgrund seiner Rolle mit vielen verschiedenen Menschen zu tun hat, erleichtert sich seine Arbeit damit ungemein. Gelungene Integration kommt unauffällig daher, hat jedoch einen großen Nutzen, denn sie beseitigt Reibungsverluste und Hürden. Fürs Wesentliche bleibt mehr Zeit, die Kommunikation und Zusammenarbeit läuft rund.  Dabei habe ich Microsoft Teams mangels eigener Erfahrung damit noch nicht einmal berücksichtigt.

In vielen Unternehmen funktioniert das so. Richtig klar wird einem das vielleicht erst, wenn man es mal selbst erlebt hat – und dann südwestdeutschen Querdünkel von Dateiablagen und LibreOffice schwärmen hört. Solche Alternativen spielen nicht in derselben Liga und auch nicht in der nächstniedrigeren. Google Workspace spielt in derselben Liga, aber das würde ihnen ja genauso wenig gefallen.

Selbstverständlich könnte man sich vornehmen, Ähnliches auf der Grundlage von Open-Source-Software selbst zu entwickeln. Vorher möge man jedoch kurz überschlagen, wie viele Jahre Vorsprung Microsoft und Google haben, wie viele Milliarden an Investitionen in ihren Produkten stecken und wie viele voraussichtlich noch hinzukämen, bevor man sie eingeholt hätte. Fünf Milliarden aus einem Digitalpakt würden dort kein ganzes und auch kein halbes Jahr reichen.

Gewiss, in die Hände von Grundschülern gehört ein digitaler Büroarbeitsplatz nicht. In die ihrer Lehrerinnen und Lehrer dagegen schon und dann bitte ordentlich, nicht als Modell 601S. Lehrerinnen und Lehrer haben nämlich allerlei zu planen, zu kommunizieren und zu organisieren. Gibt man ihnen vernünftige Werkzeuge dafür, können sie sich genau wie Büroarbeiter besser aufs Wesentliche konzentrieren. Ein paar jugendfreie Funktionen wie einfach zu nutzende Konferenzschaltungen für improvisierten Fernunterricht fallen dabei fast von alleine mit ab und vielleicht kann auch die Redaktion der Schülerzeitung etwas mit zeitgemäßen Werkzeugen anfangen. Von mir aus kann die gerne jemand anderes als Microsoft oder Google liefern, wenn es denn jemand anderes kann. Solche Diskussionen müssen aber auf dem Stand der Technik geführt werden und nicht auf der Basis von Fake News. Stand der Technik sind integrierte Lösungen, die Arbeit erleichtern, und nicht zusammengewürfelte Sammlungen halbgarer Me-too-Produkte. Mal schnell für ein paar Euro Open-Source-Software aufzusetzen, die gerade auf der Anwendungsebene oft hinterherhinkt, rettet uns nicht.


P.S. (2021-01-17) Im Golem.de-Diskussionsforum findet User Oktavian diese schöne Metapher:
„Als Bauherr möchte ich ein Haus. Der Bauträger bietet mir ein Haus gebaut nach meinen Wünschen an. Du möchtest mir einen Bagger liefern, Steine, einen Kran und Dachziegel. Daraus kann ich mir bestimmt ein Haus bauen, aber dann brauche ich noch Bauarbeiter, einen Plan, Genehmigungen, ein Grundstück, einen Architekten, einen Statiker und habe das Risiko, dass alles nicht funktioniert. Was glaubst Du wohl, wessen Angebot ich reizvoller finde?“
Und auch sonst dreht sich die Diskussion dort um die hier angesprochenen Punkte.

8 Kommentare zu „Scheinalternative Anwendungszoo

  1. Hallo,

    ich sehe mehrere Probleme an dieser für meinen Geschmack deutlich zu polemischen Stellungnahme – was soll die Gleichsetzung der Verfasser der Stellungnahme mit irgendwelchen WLan-Schwurblern?

    1) Das von dir beschriebene Szenario trifft für 90%-95% aller Tätigkeiten einer Lehrperson nicht zu. Das ist nur ein weiteres Beispiel, wie jemand aus seiner Erfahrungswelt auf schulische und schulorganisatorische Abläufe schließt, die so einfach nicht existieren.

    2) Die Stellungnahme ist von zahlreichen Lehrer:innen mit verfasst worden, die durchaus auch „Praktiker vor Ort sind“ und durchaus auch wissen, wie MS365/Teams funktionieren, das aber eben trotzdem nicht wollen – dass du auf so ein durchsichtiges Ablenkmanöver des Kultusministerium hereinfällst ist sehr schad. Aber ich bin mir nicht sicher, ob du tatsächlich etwas zu einem echten Dialog beitragen wolltest, oder dich nicht vielleicht doch nur über die allzurückständigen, digital ungebildeten Lehrer:innen lustig machen wolltest.Denn du gehst ja offensichltich davon aus, dass die alle gar nicht verstanden haben, wogegen sie sind. Das ist ja irgednwie auch so eine Art „Mansplaining“ finde ich. Wenn dir das ein gute Gefühl gibt, den Unwissenden jetzt also mal richtig erklärt zu haben, was sie alles verpassen in ihren Anwendungszoo, dann freut mich das für dich, kommt mir aber doch ein wenig armeslig vor.

    3) Du hast nicht verstanden, was die Pläne der Landesregierung sind, wenn du schreibst „Gewiss, in die Hände von Grundschülern gehört ein digitaler Büroarbeitsplatz nicht“, denn letztlich ist genau das das Ziel der Landesregierung. Vielleicht nicht vordringlich in der Grundschule, aber sicherlich ab Klasse 5 – und weil Microsoft die Schüleraccounts ja sowieso verschenkt, kann der Erstklässler ja auch gleich einen bekommen.

    4) (Auch) dieser Kommentar ignoriert alle Kritikpunkte außer „Usability“ und rechtfertigt damit einfach alles. Alle gesellschaftsformenden Aspekte von „Schule“ werden ausgeblendet, die Schule muss sich nach ihrer Umwelt richten – dass sie diese Umwelt maßgeblich gestaltet haben MS, Apple, Google und Co. verstanden und nutzen das auch maximal zu ihrem Vorteil aus, Kommentare wie dieser hier rechtfertigen das – in meinen Augen letztlich vor allem aus aus (Denk-)Faulheit.

    VG

    1. Dieser Artikel: https://www.zeit.de/digital/internet/2021-02/digitalisierung-schulen-homeschooling-clouds-fernunterricht/komplettansicht streift die Aspekte, auf die es mir hier und im Vorgänger (https://sventuerpe.com/2020/11/28/scheinalternative-manufaktur-edv/) ankommt, wenngleich er sich vor der klaren Schlussfolgerung drückt. Es gibt keine magische Open-Source-Alternative, die sich beinahe von selbst betreibt, sondern man braucht eine professionelle Betriebs- und Entwicklungsorganisation und muss gehörig in Software investieren, wenn brauchbare Lösungen herauskommen sollen. In wesentlichen Aspekten haben Unternehmen wie Microsoft und Google die Nase weit vorn und Usability ist nur einer davon: Sie liefern skalierbare Lösungen und einen großen Teil der Organisation gleich dazu. Damit nehmen sie einem die Arbeit ab, die man bei OSS-Alternativen selbst machen müsste. Nebenbei beheben sie auch noch das Strukturproblem aus Föderalismus und Nanoföderalismus, weil sie überall dasselbe liefern. Wer Alternativen fordert, muss erklären können, wie er sie in derselben Qualität bereitstellen möchte. Ich sehe nirgends eine überzeugende Erklärung, stattdessen jedoch eine Menge hirnloses Bashing.

  2. Hallo ebenfalls,

    noch ein Gedanke ergänzend zum Kommentar vom 14.02.21, 12:20
    Für den Fall, dass man die Geschäftsmodelle aller Datensammler und deren Konsequenzen für die Gesellschaft (Abhängigkeiten, Machtverhältnisse, dauerhafte Datenpools uvm …) verstanden hat und für den Fall, dass man vieles davon auch als „problematisch für eine Gesellschaft“ empfindet, stelle ich mal die Frage: Welche Person, welche Institution, wer könnte diesen Zustand und die damit verbundene Haltung der Menschen verändern?

    Das kann meiner Einschätzung nach nur die Schule leisten. Wenn die Kinder und Jugendlichen aus der Schule raus sind, ist es meist zu spät. Nur die Schule kann hier großflächig und grundständige Bildung vermitteln. Und deshalb kann die Schule auch nicht einfach das Lernleben und das Werden, Wachsen und Reifen von Kindern und Jugendlichen in Clouds stellen, die nach ebensolchen Prinzipien funktioniert. Deshalb kanndie Schule auch nicht einfach Produkte nutzen, die nach ebensolchen Prinzipien funktionieren.

    Natürlich sollen die in der Schule genutzten Produkte gut sein. Aber man sollte diese Forderung nicht als alles überstrahlend obenan stellen. Und man sollte auch bereit sein, sich umzugewöhnen. Denn – sind wir mal ehrlich – das zentrale Problem ist die Gewohnheit. Wer z.B. mal mit einer Nextcloud – Office und Videokonferenz integriert – gearbeitet hat, sieht keine Nutzungsvorteile von MS mehr. (Ich selbst hab nach 10 „exklusiven Microsoftjahren“ 2014 komplett gewechselt. Das hat mir nirgends geschadet.)

    Daten, die das Lernen, das Werden, Wachsen und Reifen von Kindern und Jugendlichen digital abbilden, sind „heilig“. Solche Daten gehören nicht in eine Microsoft, Apple, Google o.ä. Cloud.

    LGJL

  3. Ja, genau. Dieselben Lehrer:innen, die dieses Papier verfasst und/oder unterzeichnet haben jammern anschließend darüber, dass sie keine Personal, Material und KnowHow haben, um all die virtuellen Maschinen, Betriebssysteme, Bibliotheken, Paketmanager und Anwendungen zu installieren, konfigurieren und zu betreiben. Geschweige denn, die Client-Programme auf den zigtausend Endgerätetypen, die ihre Schüler zuhause haben. Wer von gesellschaftlicher Formung spricht, der sollte erstmal in den Serverraum gehen und dann nochmal nachdenken. Pandemie ist heute, nicht in fünf Jahren, wenn man sich alles ordentlich nachgebaut hat. Beim politischen Ziel der digitalen Souveränität bin ich dabei, aber bitte nicht auf Kosten heutiger Schülergenerationen.

    1. @Tomicu

      Das Papier spricht sich dagegen aus, dass BW plant, MS365 als „Teil der Lernplattform“ für alle Schüler:innen als Standard einführen möchte. Das hat mit der Pandemie nur am Rande zu tun, das ist zunächst mal nur eine zeitliche Koinzidenz, die Planung für MS365 in den Schulen in BW hat im März 2019 begonnen.

      Wahrscheinlich würde es helfen, das erst zu lesen, bevor man sich dazu äußert.

      „Auf Kosten heutiger Schülergenerationen“ – das war die vergangenen 15 Jahre allen egal, in denen genau die Lehrer, über die du jetzt hier dümmlich lästerst es geschafft haben, dass es an den Schulen überhaupt etwas digitale Infrastruktur gibt (zum Teil übrigens gar keine so schlechte).

      Aber wenn es kostenlosen Werbezugang für einen Großkonzern zu 1,5 Millionen Schüler:innen geben soll, dann ist das plötzlich ein ganz wichtiges Argument.

      Wenn es ernsthaft um Bildung gehen würde, hätte man schon lange vom „Regelbetrieb unter Pandemiebedingungen“ Abstand genommen, würde auf die „wirtschaftliche Verwertbarkeit“ des Schülers mal pfeifen und einfach das Jahr wiederholen.

      1. Man kann nicht einfach ein Jahr wiederholen. Das Schulsystem ist darauf ausgelegt, dass Jahr für Jahr ungefähr eine dreiviertel Million Schülerinnen und Schüler erwachsen werden und ebenso viele nachrücken. Wollte man alle ein Jahr wiederholen lassen, hätte man auf einmal Kinder übrig, und zwar geballt in der ersten Klasse. Dann schöbe man eine Welle doppelter Klassenstärken durch die nächste Dekade.

        1. Lieber Herr Türpe,

          wie lange waren Sie Schuladmin, wie gut kennen Sie die Schul-IT BaWü, wie lange haben Sie Schulleitungs- und Unterrichtserfahrung, welche didaktische und methodische Ausbildung bringen Sie mit, dass Sie meinen, all das so beurteilen und uns Verfasser der Stellungnahme derart abqualifizieren zu können?

          Viele der Autorinnen der Stellungnahme *haben das genannte (und nötige!) Wissen und die entsprechende Erfahrung: als Schuladmin, Schulleitung, Lehrkraft, Fortbildner, Informatiker, Datenschutzbeautragte, Pädagogen und vieles mehr. Außerdem administrieren wir eben diese OSS-Lösungen, die das Land seit Jahr(zehnt)en hat. Sie sind schon da – sie skalieren auch und müssen NICHT erst geschaffen werden. Sie sind auch mitnichten Flickwerk diverser Insellösungen! Und es gibt Inhalte, Lehrerfortbildung und die Systeme sind für Bildung gemacht – für ein Lernmanagementsystem jetzt nicht sooo die unwichtigste Anforderung. Und all das notwendige „Außenrum“ gibt es für MS365 NICHT!

          Bei MS365 geht es auch NICHT um eine pandemiebedingte Lösung. Die gibt es längst, die läuft, und die hätte um Längen besser laufen können (und müssen – tut es aber seit 11.1. / 9:30 auch!). Wegen des MS365 Projektes, das NICHT in Pandemiezeiten in Serie gehen wird, wurde aber der Ausbau der wirklich guten Infrastruktur, die BelWü und ZSL haben, nicht gemacht. Das wäre durchaus machbar gewesen seit März 2020 – und wenn man sieht, was alles mit <1Mann Besetzung für ein ganzes Land läuft (Beitrag „Moodle in 72 Stunden; BBB-Team reiner Idealisteneinsatz fitter Kollegen), dann schaut man ziemlich ungläubig aus der Wäsche. Das schafft kein MS365 mit 1Mann Personal. Wohl auch nicht mit 10 – damit würde unsere SchulIT BaWü aber auf Hochtouren laufen…
          Statt hier vernünftig aufzurüsten und die vorhandenen und skalierenden Lösungen zu nutzen, hat man Piloten geplant und Microsoft-Träume verfolgt. Die weder zum nötigen Zeitpunkt noch mit den nötigen Bildungsfeatures verfügbar sind oder sein werden!

          Unsere Kritik an Beiträgen wir Ihrem: Sie meinen, besser zu wissen, was wir in Schulen brauchen – und unterstellen uns mangelnde Fachkompetenz, Unwissen über die kritisierten Produkte und „religiöses Handeln“. Das zeugt von absoluter Selbstüberschätzung. Sie haben keine Vorstellung davon, welche Kompetenz hinter der Stellungnahme steht – sonst würden Sie so nicht schreiben.
          Ihr „religiös“ passt damit eher auf Ihre eigenen Beiträge – „meins ist richtig, ihr habt alle keine Ahnung, es kann nur einen geben, ich kenne eure Bedürfnisse besser und alles andere sowieso…“ hat doch etwas von Missionieren. Der einzig wahre eine Gott ist MS…

          Ich versuche mich mal mit einem Zitat von Ihnen – umgeschrieben aus unserer Sicht: ein Meeting organisieren mit Moodle:
          „Du schreibst deinen Einladungstext und schickst den Forenbeitrag ab. Der Link zum BBB-Raum wird ohne einen einzigen Klick auf irgendeinen Button, nur durch Nennen des Raumnamens, in deine Nachricht einfügt; du musst nicht einmal sagen, wer dabei sein soll (tech hints für Herrn Türpe, für den Anwender nicht nötig: all das wird bereits durch das vorhandene Identitätsmanagement, das automatisch aus dem LDAP des Schulservers gezogen wird, bereitgestellt.) Keine Zugangsdaten nötig! Das ist alles. Kein Wechsel zwischen Programmen, keine mentale Checkliste erforderlicher Fleißarbeiten – du schreibst einfach eine Einladung, der Rest geht (nicht mehr oder weniger, sondern vollständig!) von selbst. Wenn nicht gerade Pandemie ist und alle zu Hause bleiben, kannst du im Vorbeigehen auch einen freien Besprechungsraum (> MBRS in Moodle integriert!) suchen und reservieren.“
          Ganz nebenbei stehen dir auch noch geteilte Dokumente (ebenfalls direkt mit den nötigen Rechten und Freigaben versehen), Breakouträume in BBB, automatische Tests, Lernpfade, Korrekturprozessunterstützung, Filter, automatisierbares Gruppenmanagement sowie über 50 weitere methodisch auf Schule abgestimmte Werkzeuge und Aktivitäten zur Verfügung – mit automatischem Kalendereintrag für das nötige Abgabedatum, kursübergreifender Abschlussverfolgung und Bewertungsübersicht für Schülerinnen, um den Überblick zu behalten, flexiblem Rechtemanagement auf Schule angepasst (Nachhilfekurs in Moodle? Kein Problem! Elternkurse? Ein Leichtes! Schulbegleiter mit speziellem Zugriff auf einzelne Schülerbeiträge, aber nicht auf Beiträge anderer Klassenkameraden? Beim ZSL dokumentiert! Abgabe einer Sprach- oder Videodatei? Direkt in Moodle aufnehmbar, keine externe App nötig… und, und, und… und wenn etwas fehlt: FOSS – Moodle kommt von Modular und es gibt kaum etwas, das es noch nicht gibt. *Alles auf Bildung ausgerichtet, von einer weltweiten Community gepflegt und weiterentwickelt!)
          Alles Weiter, das Sie da zu MS365 schreiben, geht mit Moodle ganz genauso komfortabel. Wahlweise am PC, Handy, Tablet oder browserbasiert. Nur eben mit erheblichem pädagogischen und methodischem Mehrwert, und FOSS.

          Alle Schulen hätten pandemiemäßig deutlich besser dagestanden, wenn man die bestehende OSS-Landschaft mit > 1 Personalstelle ausgestattet und Schulen, die keine Admins und Fortbildner haben zentral per ASV-Schnittstelle auch das Identitätsmanagement gestellt hätte. DAS ist das, was derzeit fehlt an beispielsweise Grundschulen und das hätte tatsächlich eingerichtet (nicht aber: entwickelt!) werden müssen. Es gibt Schulen, die das selbst realisiert haben… für Moodle also auch schon da und möglich! – Kann aber natürlich nicht jede Grundschule, dafür muss man mit APIs umgehen können… Das hätte in der Tat zentral in Stuttgart eingerichtet werden müssen für alle, die es brauchen – aber ein Identitätsmanagement gibt es auch nicht für MS: das Identitätsmanagement soll laut KM ja gerade nicht an MS gehen, muss also ohnehin extra entworfen (irgendwann?) und zentral administriert werden.
          Wo bitte ist also noch der vermeintliche Gewinn durch MS365? Es kann nicht mehr als unsere OSS Lösungen, nein: es kann für Schule deutlich weniger!

          Wir sagen auch nicht, dass OSS dauerhaft billiger ist. Aber Investitionen in OSS sind nachhaltiger, und das kommt durchaus zu Themen wie Datenschutz und digitale Souveränität, Lock-in-Effekt und Co hinzu.
          Und wir sagen, dass es geht – und das ist keine Theorie, sondern damit arbeiten wir Tag für Tag, und zwar sehr gut.

          Unsere Bitte: bleiben Sie bei den Domänen, in denen Sie sich auskennen oder informieren Sie sich zumindest über fremde Domänen, bevor Sie sich dort selbst zum Experten erklären – und sprechen Sie denen, die ihre eigene Domäne und die IT-Hintergründe dazu kennen, nicht leichtfertig die Kompetenz ab.

          Wir sind kein Haufen realitätsfremder Idealisten, sondern erfahrene und durchaus fachkundige Bürger, denen in erster Linie die Bildung und Rechte der Schüler am Herz liegen. Wir wissen sehr gut, wovon wir sprechen/schreiben und wofür und wogegen wir uns da aussprechen. In erster Linie sprechen wir uns FÜR unsere Schüler, freie Bildung, digitale Souveränität und nachhaltige Gestaltung unserer Gesellschaft aus.

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