Die Google-Streetview-Debatte in den richtigen Kontext gesetzt:
(Direktbuugle, via)
Fefe hat ein Whitepaper zum nPA gefunden. Darin heißt es unter anderem:
»Sofern der Ausweis missbräuchlich verwendet wurde, liegt eine Täuschung des Dienstanbieters in der Person des Kunden vor. Die vom Angreifer abgegebene Willenserklärung ist für den Inhaber des Ausweises nicht bindend.«
Das ist eine sinnvolle Regelung, und wenn ich mit meinem guten Namen zahle, dann wird sie seit jeher so angewandt. Allerdings fehlt den eID-Funktionen im neuen Personalausweis ein Element, das die Abstreitbarkeit erst ermöglicht. Zu meiner Kreditkarte bekomme ich jeden Monat eine Liste der mir zugeschriebenen Vorgänge. Dieser Service fehlt dem elektrischen Ausweis.
Die Kernkraft steht wieder auf der Tagesordnung. Während die üblichen Verdächtigen ihre eingeübten Protestrituale vollziehen, denken andere nach und erinnern uns an die Realität:
Successful games manipulate people, creating artificial tasks and challenges that people love to spend time on. This is hard but one can learn it. Hard it is because one need to carefully balance difficulty. A game must pose a challenge to be interesting but avoid being too hard and thus frustrating. Guess why so many games come with some concept of levels of difficulty?
The learnable part is game mechanics. Game mechanics is about the building blocks of a game, design patterns for artificial tasks and challenges that engage the player. The SCVNGR Game Dynamics Playdeck documents 47 such patterns. Their use is not limited to recreational games. Applications and Web sites may employ some of the elements, and con artists and social engineers are exploiting some very similar strategies to trick people into compliance.
Anatol Stefanowitsch sagt in seinem Sprachlog alles, was es über das Streetview-Sommertheater zu sagen gibt.
Das Rheinlandtreffen „Praktische IT-Sicherheit“ findet in diesem Jahr früher als gewohnt am 31.8. und 1.9. in der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg statt. Ich bin mit einem Vortrag zum produktionssicheren Testen dabei, dessen Inhalt im Wesentlichen unserem Artikel in der <kes> 2010#2 folgt. Sicherheitstests sind ein Schwerpunkt der Veranstaltung, aber nicht das einzige Thema. Das komplette Programm gibt’s auf der Website bei unseren Kollegen vom Fraunhofer INT, wo man sich auch anmelden kann.
Ein Meisterstück der PR. Der TÜV Rheinland erklärt uns semantische Haarspaltereien, bietet sich als Wegweiser durch die unübersichtliche Welt der Schwimmhilfen an und lässt jede Verantwortung doch bei den Eltern. Das alles in einer einzigen Pressemitteilung mit dem Titel Schwimmlernhilfen sind kein Spielzeug, deren Zusammenfassung lautet:
»Kein Schutz vor dem Ertrinken / Kinder immer beaufsichtigen / Auf Kennzeichnung mit richtiger Norm EN 13138-1 achten / GS-Zeichen gibt mehr Sicherheit«
Darin klärt uns der TÜV über den Unterschied zwischen Schwimmhilfen und Schwimmlernhilfen auf, die nach unterschiedlichen Normen bewertet werden, die Schwimmhilfen nach EN 71 und die Schwimmlernhilfen nach EN 13138-1. Was das genau bedeutet, soll uns nicht interessieren und wird auch nicht aufgeführt; wichtig ist, dass wir aufs TÜV-Siegel achten. Wenn Eltern alles richtig gemacht haben, ändert sich im Freibadalltag für sie – gar nichts, denn Verantwortung möchte der TÜV lieber nicht übernehmen:
»Trotz Schwimmlernhilfe gilt jedoch: Kinder nie ohne Aufsicht ins Wasser lassen. Am besten halten sich die Erwachsenen nicht weiter als eine Armlänge entfernt auf, um im Notfall sofort eingreifen zu können.«
Unter diesen Umständen könnte man dem Kind statt einer Schwimm(lern)hilfe auch ein Wasserspielzeug in die Hand geben, dessen ausgezeichneten Spielwert der TÜV zertifiziert hat.
Da weiß anscheinend jemand sehr genau, wer seine Zielgruppe ist und wie sie sich im Netz verhält:
Wer sich so leicht einen Klick entlocken lässt, ist mit dem angebotenen Produkt vielleicht sogar gut bedient. Aber das ist nur Spekulation, ich habe nämlich keine Ahnung, was dieses 360™ eigentlich tut.
Robert Graham of Errata Security explains how the notion of cyberwarfare misses reality by an inch or two:
»I’m reading various articles about the Russia’s proposal, with support from the UN, for a „cyberwarfare arms limitation treaty“. What astounds me is that nobody seems to realize that „cyberwarfare“ is a fictional story, and that „arms“ in cyberspace don’t exist. (…)«
(Errata Security: Cyberwar is fiction)
There isn’t much to comment on his text. I think he got it right.
Zu Hause haben wir uns immer sicher gefühlt. Ach was, wir waren sicher. Bis die Hacker kamen. FOXNews klärt uns auf über 10 Bizarre-but-True Ways Your Home Is Susceptible to Hackers und enthüllt Erschreckendes. Unsere Autos können sie googlen, unsere Drucker klauen, ja sogar durch die Vordertür hereinspazieren und unsere Freunde werden, nachdem sie uns den Strom abgestellt haben. Wir haben Angst.
Spanien hat ihn schon, seinen elektronischenneuen Personalausweis (nPA), und die Werbung dazu auch. DNI electrónico (DNI: Documento Nacional de Identidad) heißt das Stück dort und im Gegensatz zum nPA trägt er einen klassischen Chipkartenchip mit Kontakten. Aber selbst in Spanien, wo der Personalausweis im Alltag viel präsenter ist als bei uns und zum Beispiel beim Zahlen mit Kreditkarte gewohnheitsmäßig vorgezeigt wird, braucht die elektronische Version etwas Nachhilfe. Diese Nachhilfe fällt aber nur in den Augen eines Bürokraten überzeugend aus. »Deine Steuererklärung wo und wann du willst«, das ist nicht gerade die sexy Informationsgesellschaft, auf die sich alle stürzen. Web 2.0 ist hip, Youtube, Twitter, Facebook und so weiter, aber Steuererklärungen?
Die Künstlerin Susanna Hertrich stellt in ihrer Arbeit risk Risiken ihrer öffentlichen Wahrnehmung gegenüber. Eine ähnliche Visualisierung hat sie auch noch zu einem reality checking device verbaut, einen Screenshot gibt es hier.
(via)
Dazu fallen mir nicht einmal Fragen ein:
»Die Betrachtung der Geschichten, die bei der Konfrontation mit der Atomenergie erzählt wurden, führte zur Herausarbeitung einer polaren Grundspannung zwischen zwei miteinander konkurrierenden Bildern. Das Atom versetzt in diffuse und undurchschaubare Verhältnisse. Da wird geklagt über gesellschaftliche Missstände und eigene Orientierungslosigkeiten. Gefangen in einem diffusen Nebel ist man einer ungeheuren, unheimlichen und zersetzenden Macht ausgesetzt, die man aber selbst geschaffen hat. Man erleidet Ohnmacht an unbestimmbaren Verhältnissen. Als alternative Umgangsweise bietet es sich an, es einmal darauf ankommen zu lassen und die `Bombe zu zünden` und sich der Verwandlungsmächte zu bedienen, die im Atom angelegt sind. Dann will man selbstbestimmt durcheinanderwirbeln und neu ordnen und traut sich zu, sich der ungeheuren Macht selbstbewusst zu bedienen.
Die weitere Analyse offenbarte dann die zugrundeliegende Struktur eines doppelten ambivalenten Verhältnisses. Die Atomenergie ist zum einen eine Bedrohung, zum anderen eine Verheißung: Verwandlung kann Fluch, aber auch Segen sein. Gerade diese Unbestimmtheit will man überwinden, aber man möchte sie auch am Leben erhalten, weil man nur in Abgrenzung von einem beweglichen und unscharfen Hintergrund eigene Formen und Fassungen als konturierte Gestalten erlebt. Im Spannungsfeld zwischen diesen Ambivalenzen muss das Seelische eine Lösung für folgendes Problem finden: Wie kann Seelisches das diffuse Unverfügbare und Unbestimmbare von Verwandlung so behandeln, dass es als verfügbare und bestimmbare Form erfahren und erlebt wird ? – Diese Frage wies auf das seelische Grundproblem des Fesselns und Entfesselns von Verwandlungsmächten hin. Dieses Grundparadox erfährt im konkreten Umgang mit dem Atom eine Lösung in einem Gebot der Gleichzeitigkeit unvereinbarer Gegensätze: Beide Spannungspole müssen sich verwirklichen. Seelisches muss sich eine sinnhafte Position geben zwischen einem Sich-Einlassen auf die unkontrollierbaren aber auch erregend-faszinierenden Erlebensqualitäten unbestimmbarer Verwandlungen und der Notendwigkeit, das Unbestimmte bestimmt zu machen und die Verwandlungsangebote in eine kontrollierte Fassung einzubinden. In diesem grundlegenden Spannungsfeld ließen sich 5 voneinander abgrenzbare Umgangstypen erkennen:
- Seelisches will Verwandlungsmächte radikal fesseln.
- Seelisches will Verwandlungsmächte entfesseln, um daran eigene Formen und Fassung und Fesselungskünste zu überprüfen.
- Seelisches will sich nicht festlegen und distanziert sich, indem es schnell wechselt zwischen Fesselung und Entfesselung.
- Seelisches träumt von verheißungsvollen Entfesselungen, hat aber Angst vor bedrohlichen Entwicklungen und fesselt deshalb Verwandlungsmächte in absichernden Fassungen.
- Und schließlich: Seelisches sehnt sich nach radikalen Umbrüchen und möchte Verwandlungsmächte entfesseln, ohne genau zu wissen, wohin die Entwicklung geht.«
(Einleitung zur Diplomarbeit:
Psychologische Untersuchung zum Erleben von Atomenergie)
Oder doch, eine Frage hätte ich: was soll das und warum hat das niemand bemerkt? Es muss doch auffallen, wenn jemand mit seinem Wortschatz Gassi geht (oder wohl eher mit einem Thesaurus). OK, ich habe nach Atomwetter gegoogelt und es deshalb nicht besser verdient, aber trotzdem, irgend jemand muss das ja mit ernster Miene produziert und veröffentlicht haben.
Früher musste man als Journalist eine Waffe in den Sicherheitsbereich des Flughafens schmuggeln, um eine Nachricht zu erzeugen. Heute genügt es, den Inhalt einer im Duty-Free-Shop gekauften Schnapsflasche gegen eine Flüssigkeit auszutauschen, die noch harmloser ist als der vorher darin enthaltene Alkohol.
kann ich mich alleine. Merke: zu jedem Sicherheitshinweis gibt es eine Ausnahmesituation, in der es besser ist, ihn nicht zu befolgen. Updates sind eine gute Idee™, aber nicht immer.

»Alle sagen, auch als Erwachsener hätte man bestimmte Pflichten und Verantwortung. Das ist Blödsinn. Als Erwachsener hat man völlige Freiheit. Alles was man tut, tut man aus einer eigenen Entscheidung heraus. Alle Pflichten wählt man selbst. Ich tue nur, wozu ich Lust habe – und verdiene gut damit.«
Wenn wir Programmierern die Möglichkeit geben, sich (bzw. den Anwendern ihrer Produkte) in den Fuß zu schießen, was werden sie dann wohl tun? Genau, sie werden sich (bzw. den Anwendern ihrer Produkte) in den Fuß schießen. Daran ändern auch Gebete nichts:
»8.5 SQL Injection
Authors are strongly recommended to make use of the ? placeholder feature of the executeSql() method, and to never construct SQL statements on the fly.«
(W3C: Web SQL Database, Editor’s Draft 14 January 2010)
Kann sich nicht mal jemand hinsetzen und das richtig machen?
haben wohl die Journalisten, die uns seit Tagen mit Geschichten über Bibelverse auf amerikanischen Zielfernrohren nerven. Da stehen nämlich gar keine Bibelverse drauf. Sondern je nach Lieblingsparadigma Zeiger auf Bibelverse, Primärschlüsselwerte aus der Bibelverstabelle, Identifier für Bibelversobjekte oder irgendwas in dieser Art. Die ganze Aufregung dreht sich um Zeichenfolgen wie JN8:12 oder 2COR4:6. Wenn es wenigstens Hexspeak wäre…
Irrationale Debatten um Sicherheitsutensilien werden anscheinend zur neuen Jahreswechselmode. Erregte vor einem Jahr der Skihelm die Medien, ist es diesmal der Nackigscanner. Eigentlich gibt es für die Debatte nicht einmal einen richtigen Anlass. Auslöser war ein unbeholfener, gescheiterter Anschlagsversuch in einem Flugzeug. Passiert ist nichts, deshalb brauchen wir neue Sicherheitsgroßtechnik?
Gewiss, wir reden über Konjunktive — hätte, könnte, wäre — wie in jeder Risikobetrachtung. Aber wir haben auch Daten: um mit derselben Wahrscheinlichkeit an Bord eines Flugzeuges Terrorismus zu erleben, mit der man am Boden vom Blitz getroffen wird, muss man im Jahr mehr als zwanzigmal fliegen. Und darin sind noch die gescheiterten Anschlagsversuche enthalten. Mit anderen Worten, selbst Vielflieger haben kaum eine realistische Chance, an Bord eines Flugzeuges zum Terroropfer zu werden.
Doch das liegt sicher nur an den bereits vorhandenen Sicherheitsmaßnahmen, den konfiszierten Wasserflaschen und Nagelscheren, nicht wahr? Nein. Terroristen haben keinen Grund, unsere Selbstmordbomber-an-Bord-Fixierung zu teilen. Im Gegenteil, kluge Terroristen werden etwas anderes tun als beim letzten Mal. Die Schlange vor der Sicherheitskontrolle zum Beispiel, mit Absperrbändern in die Fläche gefaltet, eignet sich vorzüglich für einen Selbstmordanschlag mit Sprengstoff. Doch Terrorismus ist so selten, dass wir auch dort keine Angst haben müssen.
In the current discussion about the use of body scanners at airports (aka strip machines) many people seem to forget, that these scanners do not pose a remedy to the latest security threat, i.e. explosives. So I am amazed that in this day and age we still are preoccupied with knives and guns. And I ask myself, do we really need expensive technology to spot them? Are the Indians really the only part of the scenario that has changed? And isn’t touching my privates a bigger privacy infringement than taking a x-ray-picture?
„Ausweischip gehackt“ titelte die taz und brachte damit noch kurz vor Jahresende eine besonders schöne Falschmeldung zum CCC-Kongress in Umlauf, die Detlev Borchers auf Heise prompt als Ente entlarvte. Auch wenn der Vortrag im Hacking-Track lief handelte es sich vorwiegend um eine Funktionsbeschreibung des neuen Personalausweises, denn in der Tat kann man Daten aus dem Ausweis auslesen – mit Berechtigungszertifikat. Das soll so sein. Das Beispiel beweist einmal mehr, dass guter Technikjournalismus in Tagesszeitungen schwer zu finden ist. Gut, dass es noch Fachjournalisten wie Christiane Schulzki-Hadouti gibt, die zu ganz anderen Schlüssen kommt und einen Rückzieher beim CCC entdeckt. Übrigens: Die wichtigsten Daten kann man auch jetzt schon aus dem derzeitigen Ausweis auslesen – mit den Augen, die Daten sind nämlich aufgedruckt.
Tiefigkeit (engl.: Deepity)